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Digitalisierung in der Medizin - the Best is yet to come

Im Gespräch: Dr. Alina Dahmen, Medizinische Direktorin am Klinikum Wolfsburg

Ob Elektronische Patientenakte, digitale Sprechstunden oder Gesundheits-Apps: Die voranschreitende Digitalisierung birgt auch für das Gesundheitswesen viele Vorteile, bringt aber auch einige Herausforderungen mit sich. Im Interview gibt Dr. med. Alina Dahmen, Medizinische Direktorin am Klinikum Wolfsburg, Einblicke in den aktuellen Digitalisierungstand. Dabei erläutert die Fachärztin für Innere Medizin und Kardiologie unter anderem, warum die Digitalisierung bei richtiger und verantwortungsbewusster Anwendung eine Verbesserung der Gesundheitsversorgung der Menschen und die Zukunft dennoch digital und persönlich sein wird.  
 

Ganz zu Beginn – was sagen Sie zur elektronischen Patientenakte?
Dr. med Alina Dahmen: Die elektronische Patientenakte und auch die Speicherung von wichtigen Patientendaten auf der elektronischen Gesundheitskarte sind die Basis für die Medizin nicht nur der Zukunft, sondern auch schon der Gegenwart. In vielen Bereichen des Alltagslebens ist es für die Menschen selbstverständlich, ihre Daten elektronisch zu sammeln, in Portalen zur Verfügung zu stellen und auch elektronisch selber abzurufen. Nur in der Medizin bestehen (noch) erhebliche Vorbehalte, insbesondere wegen des Datenschutzes. Hier müssen wir vorangehen und die Umsetzung konsequent vorantreiben.

Welche Digitalisierungsthemen werden in den nächsten fünf Jahren von besonderer Bedeutung sein? 
DAS Thema der nächsten Jahre ist sicherlich „Big Data“. Die schon jetzt vorhandenen großen Datenmengen werden durch eine Künstliche Intelligenz analysiert, die Muster und Zusammenhänge schneller erkennt als das menschliche Gehirn. Wir erhalten dadurch wertvolle Hinweise zu Präventions- und Therapiemöglichkeiten von vielen Krankheiten.

Weiterhin werden zunehmend digitale Therapieformate bei der Behandlung von Krankheiten eingesetzt, welche die vorhandenen analogen Angebote sinnvoll ergänzen. Beispiel für solche Formate sind digitale Sprechstunden und digitale Gesundheits-Apps (DIGAs).

Ganz grundlegend für jede Form der Digitalisierung ist allerdings die Schaffung einer Akzeptanz für die Nutzung von Daten bei den Patientinnen und Patienten. Es muss klar sein, dass „ihre“ Daten keine individuellen Rückschlüsse zulassen und der Datenschutz und das Recht des Einzelnen an seinen eigenen Daten gewährleistet sind. Hierfür braucht es Aufklärungskampagnen in großem Umfang, um die Menschen kontinuierlich zu informieren und für das Thema zu sensibilisieren.

Gleichzeitig müssen wir das medizinische Fachpersonal im Umgang mit den Daten schulen, damit sie die Fragen der Patientinnen und Patienten beantworten und eventuelle Sorgen und Ängste nehmen können. 

Wie profitieren die Patient*innen durch die voranschreitende Digitalisierung?
Krankheiten können durch die frühe Erkennung von Mustern und Zusammenhängen früher diagnostiziert werden und es können auf Basis der Erkenntnisse, die wir aus den Big Data ziehen, individuelle Therapien entwickelt werden, welche passgenau auf den einzelnen Patienten zugeschnitten sind. Außerdem sammeln wir Erkenntnisse zur Entstehung von Krankheiten, sodass wir noch gezielter Primärprävention betreiben können. Letztlich bedeutet Digitalisierung also bei richtiger und verantwortungsbewusster Anwendung eine Verbesserung der Gesundheitsversorgung der Menschen. 

Sind die Voraussetzungen für diese Themen schon gegeben im Gesundheitssystem?
Hier besteht erheblicher Handlungsbedarf.

Wir haben eine extrem große und nahezu unübersehbare Menge an medizinischen Daten, die uns zur Verfügung stehen: diese kommen aus den Bereichen der medizinischen Behandlung, aber auch von den weit verbreitenden Wearables. Dazu müssen diese Daten verknüpft werden und es müssen unabhängige „Datensammelstellen“ etabliert werden, die die Analyse vornehmen und die Erkenntnisse verbreiten. 

Außerdem müssen die rechtlichen Rahmenbedingungen für die voranschreitende Digitalisierung weiterentwickelt bzw. neu geschaffen werden. Wir müssen uns mit haftungsrechtlichen Fragen auseinandersetzen, die beispielsweise den Behandlungsvertrag zwischen Arzt und Patient betreffen, welcher beim Einsatz digitaler Therapieformate in modifizierter Form zustande kommt. Dieser Prozess muss unkompliziert, aber gleichzeitig rechtssicher für beide Seiten sein. Auch Art und Umfang der Dokumentation (und die sichere Speicherung der digital erhobenen Daten) sind relevante Themen, für die wir einen rechtlichen Rahmen brauchen.

Auch im Bereich der technischen Interoperabilität sowie der Finanzierung der digitalen Leistungen in der Medizin bestehen noch viele offene Fragen, die geklärt werden müssen, um einen flächendeckenden Einsatz von digitalen Therapien und für die Nutzung von Big Data zu ermöglichen.

Welche Risiken sehen Sie im Bereich der zunehmenden Digitalisierung?
Die Themen Datenschutz und Datenhoheit stehen an erster Stelle. Wir müssen alle erforderlichen Vorkehrungen treffen, um Datenmissbrauch zu vermeiden. Daten sind ein kostbares Gut und dürfen nicht in falsche Hände geraten. Gleichzeitig dürfen wir die Hürden für die Datennutzung nicht zu hoch setzen, denn sonst können wir die immensen Vorteile der Daten nicht nutzen. 

Und ganz wichtig – Digitalisierung und Datennutzung im Gesundheitsbereich können niemals den persönlichen Kontakt und die Expertise von medizinischem Fachpersonal bei der individuellen Behandlung ersetzen.

Die Zukunft ist digital und persönlich!
 

Porträt Dr. med. Alina Dahmen
Klinikum Wolfsburg

Dr. med. Alina Dahmen

Alina Dahmen ist in Köln aufgewachsen und studierte in der Stadt. Von 2017 bis 2019 arbeitet sie im Universitätsklinikum Bielefeld als Leiterin der Medizinischen Unternehmensentwicklung, anschließend übernahm sie die Geschäftsleitung Produktmanagement/Prokuristin bei der Dr. Becker Klinikgruppe mit Sitz in Köln. Seit dem 1. September 2021 arbeitet sie als Medizinische Direktorin im Klinikum Wolfsburg. 

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